Spielbericht

2. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2005/2006
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
1:3
Hertha BSC Berlin II
Hertha BSC Berlin II

Die Gelb-Man-Show

von Erik Büttner

Schiedsrichter Anklam - in gelb-schwarz gekleidet - war zweifellos der Mann des Spiels. Und genau das wollte er auch werden. Nicht anders konnte man seinen Auftritt in der Partie des Chemnitzer FC gegen Hertha BSC II werten. Wie schon vor reichlich einem Jahr in der Partie gegen Schalke-Amateure (0:6/H) sorgte er mit zu meist richtigen aber auch einigen äußerst fragwürdigen Entscheidungen für viel Unruhe auf dem Platz und den Rängen. Die 1:3-Niederlage gegen Herthas Bubis haben sich die Himmelblauen jedoch selbst zuzuschreiben.

Vogel und Salihovic beim KopfballduellDer Chemnitzer FC begann gegenüber dem Leverkusen-Spiel mit nur einer geänderten Position: Steve Rolleder lief für den gesperrten Tuuka Salonen auf. 3508 Zuschauer auf der regennassen Fischwiese sahen flotte erste Minuten. Die Jungberliner empfingen den CFC schon in der eigenen Hälfte und versuchten gehörig Druck aufzubauen. Das gelang ihnen bis zum Strafraum. Dort war an den starken Markus Ahlf, Gudbrand Ensrud und Tobias Becker jedoch Schluss mit lustig. Die Himmelblauen hielten gut dagegen und kamen von Minute zu Minute besser ins Spiel. Der Lohn der Arbeit: Die Führung. Frank Berger, der wie alle CFC-Akteure eine großartige erste Halbzeit spielte, angelt sich den Ball auf links, marschierte Richtung Hertha-Strafraum, flankte präzise nach innen und fand Rolleder 4m vor dem Tor. Rolleder tat das, was er am besten kann, er köpfte den Ball in die Maschen (14.). Das Publikum war hoch auf, der Sieg beschlossene Sache. Die Frage, ob Abseits oder nicht, stellte sich natürlich nicht.
Und Chemnitz ließ keinen Zweifel an einem möglichen Sieg aufkommen. Im Mittelfeld zogen Torsten Görke und Yakubu Adamu die Fäden, nur die großen Torchancen fehlten. Meist war irgend ein Hertha-Bein noch im Weg.
Und dann kam die Zeit von Schiedsrichter Anklam aus Hamburg. Wild gestikulierend und mit den gelben Karten um sich zeigend (zur Pause hatte die halbe CFC-Elf gelb, am Ende fast die ganze), brachte er sich in den Mittelpunkt des Spiels. Auffällig dabei die ungleiche Verteilung der Karten. Ensrud kassierte für ein Foul gelb, was kurz vorher bei einem Berliner durchging. Absolut berechtigt war dagegen die gelbe Karte für Rolleders Strafraumflug. Und so endete eine erste Halbzeit, in der der CFC die klar überlegene Mannschaft war, aber auch immer ein wachsames Auge auf die agilen Hertha-Stürmer haben musste.

Nach der Pause fand Chemnitz keinen Anschluss an die starke Leistung der ersten Spielhälfte. Die Gäste durften mehr und mehr ihr Spiel aufziehen und die Himmelblauen gerieten zunehmend unter echten Druck. Zu allem Überfluss verletzte sich noch Adamu und so nahm das Unglück seinen Lauf. Ahlf rutschte an einem steilen Pass an der Seitenlinie vorbei, verschaffte damit seinem Gegenspieler Platz für einen Autobahnparkplatz. Der spielt quer in den Strafraum und Ede versenkte aus Nahdistanz zum Ausgleich (68.). Schiriassistentin Steinhaus ließ die Fahne unten. Ob zu recht, bleibt ungeklärt. Süssner und Co-Trainer Bittermann hatten eine Abseitsposition gesehen. Doch unabhängig von dieser Entscheidung war das 1:1 die Folge der lethargischen Spielweise des CFC in den vorausgegangenen 20 Minuten.
Ein sichtlich zerknirschter Frank Mayer bei den FansNach dem Ausgleich passierte genau das, was schon in der letzten Saison immer wieder zu sehen war - der CFC brach psychisch zusammen. Plötzlich wurde wieder über den Ball gesemmelt, Pässe gingen ins Aus, Zweikämpfe gingen permanent verloren - alles Dinge, die es in Halbzeit 1 nicht gab. Hertha freute sich und markierte 6 Minuten nach dem Ausgleich die eigene Führung. Dejagah tanzte sich durch den Strafraum und konnte sich 6m vor Süssner schließlich die Ecke aussuchen.
Der Rest des Spiels war nun nur noch Anklam-Show und blindes Anrennen des CFC. Co-Trainer Bittermann und Mannschaftsarzt Fischer wurden von der Bank auf die Tribüne delegiert. Markus Ahlf musste vorzeitig zum Duschen, nach dem er eine korrekte Abseitsentscheidung von Frau Steinhaus mit (hämischen) Applaus kommentierte. Den unrühmlichen Abschluss des Spiels bildete das 1:3, das Bände sprach: Göhlert ließ einen schon sicher abgefangenen Ball wieder los, Ede schnappt sich den Ball dankbar und schob zu seinem 2. Tor ein. Schiri Anklam pfiff erst gar nicht wieder an und besiegelte pünktlich nach 90 Minuten die erste CFC-Niederlage 2005/06.

Fazit: Es war ein Spiel mit 2 Gesichtern. In der 1. Halbzeit lief ein starker CFC auf, der zwar Arbeit mit einer agilen Hertha-Mannschaft hatte, aber jederzeit die Partie unter Kontrolle hatte. Nach der Pause wurde das Spiel unverständlicherweise den Gästen überlassen, und nach dem Ausgleich ging zudem die Nervenflatterei wieder los. Die Aufgabe von Dietmar Demuth wird es nun sein, dafür zu sorgen, dass auch nach der Pause noch kraftvoll zugebissen wird. Und er muss Dummheiten, die zu überflüssigen Karten wie bei Ahlf und Rolleder führen, aus den Spielerköpfen verbannen. Denn es gibt genug Schiedsrichter, die im Glanze dieser Karten aufblühen.

Wertung: Halbzeit 1: 2,5 (hoffnungsvolle Leistung); Halbzeit 2: 5,0 (Rückfall in alte Zeiten)

Beste Himmelblaue: Berger, Adamu

Pressestimmen

Freie Presse
Demuth: Referee nur kleines Mosaiksteinchen [..] Beim Fußball-Regionalligisten Chemnitzer FC ist Ernüchterung eingezogen. [..] "Bei der Niederlage sind viele Faktoren zusammengekommen. Ein kleines Mosaiksteinchen davon war sicherlich der Referee. Wenn die Mannschaft in den ersten 20 Minuten vier Gelbe Karten bekommt, zieht zwangsläufig Verunsicherung in die Aktionen ein", analysierte der Coach. [..] Die Niederlage für die Himmelblauen im ersten Heimspiel nach dem Auftaktsieg in Leverkusen war schon bitter, die Langzeitwirkungen aber offenbar noch schlimmer. [..] Bereits nach zwei Spieltagen bewahrheitet es sich, dass die Spielerdecke beim CFC zu dünn ist.

Freie Presse Chemnitz
Beschimpfungen weit unter der Gürtellinie [..] Publikum sieht in Schiedsrichtergespann die Hauptschuldigen für CFC-Heimpleite - Mannschaftsarzt verliert erneut die Selbstbeherrschung

MDR Online
Chemnitz verschenkt Heimpunkte [..] Zwei Schlafeinlagen der CFC-Abwehr sorgten dann innerhalb von fünf Minuten für die Wende.

2. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2005/2006
Mittwoch, 03. August 2005, 19:30 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 3.508
Schiedsrichter: Anklam (Hamburg)
Chemnitzer FC
T Süssner
A GöhlertGelbe Karte
A AhlfGelbrote Karte
A EnsrudGelbe Karte (72. Schumann)
A Becker
M GörkeGelbe Karte
M StarkGelbe Karte
M Adamu (64. Vogel)
M BergerGelbe Karte
S RollederGelbe Karte (56. Okeke)
S MayerGelbe Karte

Trainer: Demuth
Hertha BSC Berlin II
T Stuhr-Ellegaard
A Samba
A Wallschläger
A Krecidlo
A Müller
M Covic (65. Ebert)
M Boateng
M Chahed (65. Ede)
M Schmidt
S DejagahGelbe Karte
S Salihovic

Trainer: Heine
Tore
1:0 Rolleder (14.)
1:1 Ede (68.)
1:2 Dejagah (73.)
1:3 Ede (90.)

Besondere Vorkommnisse:
Gelb-Rot für Ahlf (82.)