Vorbericht

Ost-Klassiker an der Gellertstraße …

… im Duell "Erfolgsmannschaft" gegen "Mannschaft noch auf dem Weg aus der Krise". Der CFC ist seit 7 Pflichtspielen ungeschlagen, konnte 6-mal gewinnen. Jena kam zuletzt zu 2 Erfolgen in Liga und Pokal, will diesen Weg am Sonntag fortsetzen.

Der Blick zurück:

2021/2022 endete für den Drittligaabsteiger 2020 auf Platz 2, das Ziel Wiederaufstieg in die 3. Liga wurde erneut verpasst. Dabei war bis zum letzten Spieltag zumindest rechnerisch der Spitzenplatz möglich. Vor allem, weil Meister BFC gegen Ende schwächelte. Ein kleines Revival der DDR-Oberliga-Jahre, als man ja zeitweise ein durchaus ernster Rivale für die Berliner im Titelkampf war. Letztendlich verhagelten die ersten 3 Spiele den Titel, holte man nur 1 Punkt, während die Weinrot-Weißen auch 3-mal gewannen und sich gleich oben etablierten. Nach dem 0:1 beim Berliner AK verlor Jena auch den Heimauftakt gegen Altglienicke (1:2). Das 0:0 bei Lok in Leipzig war eher glücklich. Lange Gesichter, Tabellenkeller statt Spitzenplatz.

Schon unter Zugzwang war das 3:1 in Eilenburg die Trendwende, folgten 6 Siege mit dem "Marsch nach oben". Auswärts waren 4 Siege erfreulich, das Derby in Meuselwitz (3:1) wurde ebenso gewonnen wie in Babelsberg (2:0). Tasmania wurde zu Hause (5:0) deklassiert. Eigentlich war ergebnistechnisch alles paletti. Überraschend dann zumindest für Außenstehende die Beurlaubung von Dirk Kunert nach 2 Auftritten in Luckenwalde und bei Hertha BSC II mit 2 Remis. Die Leitung sah "den Aufstieg in Gefahr". Andreas Patz, der Coach der A-Jugend, sollte es richten.

Er startete gut mit dem 2:0 gegen den BFC. So glatt lief es aber nicht immer. Heimpleite gegen Cottbus (0:1), der CFC holte auch ein Remis in Jena. Bitter die 1:4-Klatsche bei TeBe. Dagegen stark der Sieg gegen den BAK (2:0). Zur Winterpause standen 40 Punkte aus den 20 Spielen auf der Habenseite. Jena mit weiteren 4 Mannschaften in der Verfolgerrolle, 5 Zähler auf Rang 1.

Der Start 2022 misslungen im "Ost-Klassiker" gegen Lok (2:3). Reaktion stark in Cottbus, das 1:0 aus Halbzeit 1 gut verteidigt. Beim Rückspiel in Chemnitz am 22.04.2022 musste unbedingt ein Sieg hier, der Rückstand auf die Berliner 6 Punkte und 17 Tore. Das Remis an der Gellertstraße war ein Rückschlag, vorentscheidend. Gegen Hertha BSC II (0:1) und bei Chemie (2:3) kassierte Carl Zeiss ärgerliche Niederlagen, hielt die Hoffnungen mit dem Dreier in Hohenschönhausen am Leben. Der spätere Meister hätte bei Altglienicke hoch verlieren, Jena in Fürstenwalde hoch gewinnen müssen. Beides trat nicht ein. Trostpflaster und finanziell enorm wichtig, Runde 1 im DFB-Pokal 2022/2023 wurde erreicht. Im Endspiel reichte ein Tor gegen Meuselwitz in Gera zum 13. Landespokalsieg im 18. Endspiel. Damit spielen am Sonntag der Rekordpokalsieger Sachsen gegen den Rekordpokalsieger Thüringen. Die neue Chance auf eine Pokalsensation, knapp verpasst gegen den 1. FC Köln mit 2:4 n. E.

Das Personalkarussell:

Drehte sich heftig, es gab Abgänge von Stammspielern vor allem aufgrund der finanziellen Einschränkungen, 14 verließen die Thüringer gegen 10 Neue. Dazu musste im Laufe dieser Saison der Cheftrainer gehen und nahm der Sportdirektor seinen Abschied.

Im Tor sind Stammkeeper Tom Müller (20/Münster) und Nr. 2 Lukas Sedlak (22/Aue) weg. Manndecker Dennis Slamar (27/Cottbus) verließ Jena zum zweiten Mal nach 2019. Rechtsverteidiger Lucas Stauffer (27) erhielt keinen neuen Vertrag, der US-Amerikaner kam auf 5 Vorlagen. Leon Bürger (22/Verl) in der Mittelfeld-Zentrale konnte nicht gehalten werden. Im Angriff war der Aderlass erheblich. Sturmspitze Fabian Eisele (27/Homburg) mit 22 Toren wechselte in die Südwest-Staffel. Rechtsaußen Maximilian Oesterhelweg (31) ging mit Slamar. Maximilian Wolfram (25) als Spitze hinter Eisele folgte Bürger. Mit den Linksaußen Alexander Prokopenko (20/Freiburg II) und Felix Drinkuth (27) sowie einem Nachwuchsspieler haben 6 in diesem Sektor Abschied genommen.

Als Keeper kam unser Ex-Torwart Kevin Kunz (30/Regensburg). 2020 die Rückkehr nach Deutschland von Österreichs Austria Lustenau. Beim Jahn 2 Spiele in der 2. Bundesliga. Maximus Babke (18/U19) ist Perspektivkader. Rechts und Links in der Viererkette soll Ugur Tezel (25/BAK) arbeiten, beim Ligarivale meist Stammkader. Ken Gipson (26) spielte bei Regionalliga-Absteiger Großaspach, ebenfalls feste Größe. Lukas Lämmel (25), im "Doppelpack" mit Tezel gekommen, ist "6er" wie der Ukrainer Oleksiy Ogurtsov (19/Metalist 1925 Kharkiv U19). Dervis Erkan (20/U19) kann beide Ausrichtungen. Der Offensive Justin Petermann (24/1. FC Köln II) war in der West-Staffel, 4 Tore und 5 Vorlagen. Ausgebildet bei Mainz 05. Elias Rosner (19/U19) soll die linke Außenbahn bedienen. Im Sturm waren die Mittel, die Abgänge zu kompensieren, begrenzt. Als Mittelstürmer heuerte Jan Dahlke (24/Münster) an, dazu empfahl sich Max Grimm (19) mit guten Leistungen in der II. und U19. Linksaußen Jonathan Muiomo (21/Rathenow) war einer der Lichtblicke beim FSV: 10 Tore. Gleiche Position hat "Rückkehrer" Pasqual Verkamp (25/FC Viktoria), nur 1 Jahr in Berlin. Auf Rechts ist der Japaner Takero Itoi (24/FC Gießen), zu Hause.

Trotz der bekannten Umstände konnten mit Kunz, Tezel, Lämmel, Muiomo ganz vielversprechende Akteure an Land gezogen werden. Zumal einige der Neuen zumindest in der Startphase positiv überraschten.

Die Sportliche Leitung:

Henning Bürger (52) trägt aktuell die Verantwortung als Interimstrainer, seit 07.11.2022 als Nachfolger von Andreas Patz (39), dem die Negativserie zum Verhängnis wurde. Dezember 2007 bis September 2009 war er bereits der Chef der Mannschaft, in der 2. und 3. Liga. Danach ging es als Co-Trainer nach Ingolstadt und Chef zu Eintracht Braunschweig II. Nach der Station Nachwuchs VfL Wolfsburg dann im Juli zurück nach Jena in die gleiche Abteilung. Als Kicker bekannt aus Jena, St. Pauli, Saarbrücken, Nürnberg, Frankfurt, Erfurt. René Klingbeil (41) fungiert weiter als Co-Trainer, Nico Hinz (36) coacht die Keeper.

Die Stelle als Sportdirektor ist wieder vakant, Tobias Werner (37) verließ die Jenaer vor ein paar Tagen Richtung Regensburg nach (ablösefreier) Auflösung des bis 2024 laufenden Vertrages. Chris Förster (47) bleibt die Konstante in der Chefetage als Geschäftsführer der GmbH, seit fast 9 Jahren. Nicht unumstritten, seit seinem Antritt Dezember 2013 gab es insgesamt 12 Trainer inkl. Interims.

Das aktuelle Planjahr:

Nach den Abgängen mehrerer Eckpfeiler galt der Club von den Kernbergen diesmal nicht als ernsthafter Mitfavorit. Umso erfreulicher die gute Startphase. Dem Remis gegen Drittligaabsteiger FC Viktoria Berlin ließ die Patz-Truppe 4 Siege folgen, demontierte ein allerdings auch völlig ligauntaugliches TeBe im "Mommsenstadion" (6:0). Erneut wurden die 3 Punkte beim BFC eingefahren, die Defensive enorm stark mit nur 1 Gegentreffer.

Der Abwärtstrend begann ausgerechnet beim Derby in Erfurt, ein Elfmeter verhalf zum Ausgleich. Das gleiche Ergebnis gegen Cottbus und erste Pleite der Saison, wieder bei Chemie (0:1) setzten die Negativserie fort. Die Abwehr stand weiter gut, aber nach vorn fehlten Effektivität, Kreativität, Durchschlagskraft. In Meuselwitz war der Tiefpunkt erreicht, beim ZFC, der zuvor in Chemnitz unterging, präsentierte sich das Team blass, blutleer und verlor zurecht.

Die Talfahrt mit 5 Zählern und 4 Treffern aus 7 Begegnungen machte aus Platz 2 den 9. mit 10 Punkten auf den BAK. Rang 1 war nicht das erklärte Ziel, aber die Entwicklung Richtung graues Mittelmaß oder gar noch schlechter war Grund, erneut die "Reißleine" beim Trainer zu ziehen. Wenige Tage später verabschiedete sich auch noch der weitestgehend erfolglose Sportdirektor, ironischerweise 2 Etagen höher.

Henning Bürger übernahm erneut, und konnte gleich ein Zeichen setzen. Der BAK kassierte seine zweite Niederlage in Folge. Das Rennen um den "Platz an der Sonne" wieder offen. Für die Blau-Gelb-Weißen geht es darum, dauerhaft zurück in die Erfolgsspur zu kommen. Man reist mit dem Rückenwind von 2 Pflichtspielsiegen in Folge an. Im Pokal steht die Mannschaft im Halbfinale nach 5:0 bei Sechstligist FC Thüringen Weida. Erfurt ist schon draußen. Dabei noch Meuselwitz, Nordhausen und Weida-Ligakonkurrent 1. SC Heiligenstadt. Auf Reisen sind 6 besser, zu Hause 5, wobei Jena ungeschlagen ist. Allerdings auch 4-mal die Punkte teilen musste. Wir spielen am Sonntag gegen die beste Abwehr der Staffel mit erst 7 Gegentreffern. Es hakt eher in der Offensive, hier waren 9 Teams erfolgreicher. Im DFB-Pokal gab es lange erfolgreiche Gegenwehr, bevor Wolfsburg den knappen Sieg erreichte.

Das Kollektiv:

Im Tor hat sich wie erwartet und erhofft Kevin Kunz (30) durchgesetzt vor dem Griechen Alexios Dedidis (21) und Eigengewächs Maximus Babke (18). Damit gibt es wohl eine Rückkehr an die alte Wirkungsstätte.

Als Innenverteidiger sind Kapitän Bastian Strietzel (24) und Burim Halili (24) feste Größen. Maurice Hehne (25) ist momentan Ergänzungsspieler. Links konnte sich Marcel Hoppe (22/1) etablieren, kommt auf 2 Vorlagen. Rene Lange (34/1) ist hier normalerweise Fixpunkt, rückt aber momentan als "6er" vor die Abwehr. Im Vorjahr 7-mal Vorbereiter, derzeit 1. Ken Gipson (25) ist rechts gesetzt, hat die Nase gegen Ugur Tezel (25) vorn.

Im defensiven Mittelfeld ist wie erwähnt Rene Lange vorn, daneben Lukas Lämmel (25/2). Matti Langer wie bekannt wohl für immer außen vor. Offensiv erwies sich Justin Petermann (24/2) bislang als "guter Griff" mit 3 Torbeteiligungen. Andreas Patz hat in dieser Saison viel probiert, mal mit offensivem wie defensivem 4-3-3 wie in der erfolgreichen Phase. Dann 4-2-3-1 und zuletzt 4-4-2.

Der bis dato herausragende Akteur der Mannschaft ist Linksaußen Pasqual Verkamp (25), 5 Tore und Vorlagen, damit an über der Hälfte der Treffer beteiligt. Zuletzt nicht mehr ganz so effektiv. Als gute Alternative steht Jonathan Muiomo (21/3) bereit. Als Stammkraft in der zentralen Spitze dürfte Jan Dahlke (25/2) gelten. Der Grieche Vasilios Dedidis (22/2) fungiert als "Joker". Max Grimm (18) bleibt noch Perspektivkader. Maximilian Krauß (26) ist noch ohne Tor. Kann beide dieser Positionen. Der rechte Flügel Takero Itoi (24) spielt keine Rolle. 24 stehen im Aufgebot wie beim CFC, wie auch im Altersdurchschnitt von – 24,0.Trotz der Abgänge ein immer noch solider Kader, den Abgang von Eisele im Sturm könnte man mit Verkamp zumindest fast aufgefangen haben.

Strafbank / Krankenlager / Parteistrafen:

Justin Schau (24) fehlt wegen seit Anfang Oktober wegen eines Knochenödems. Matti Langer (32) wurde bekanntermaßen noch in der letzten Saison suspendiert. Hat zwar noch Vertrag bis Ende der Saison, wird aber wohl nicht mehr auflaufen.

Die Bilanz gegen den FC Carl Zeiss Jena:

Sieht bereits 78 Duelle in Liga und Pokal, Jena liegt mit 28 Siegen gegen 24 für uns vorne. Auf unseren Plätzen konnten die Himmelblauen 18-mal feiern, die Thüringer nur in 3 Begegnungen. Zuletzt im Herbst 2005 mit 3:1 in der damals drittklassigen Regionalliga. Danach hieß es 1:1, 1:0, 3:2, 1:1. 54:35 Toren wurden verbucht. An den Kernbergen wiederum gab es in 25 Gastspielen nichts für uns, 6 Partien wurden gewonnen. 85:116 Treffer fielen aus unserer Sicht.

Prognose:

Ernsthaft um den Staffelsieg werden vermutlich 4,5 andere Mannschaften mitspielen, die besser besetzt sind. Eventuell kann aber die "Außenseiterrolle" ein paar % rauskitzeln. Tipp: Platz 5 bis 7.

Das Umfeld:

Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt, Konsequenz nach dem erneut verpassten Sprung zurück in die 3. Liga war das Sparprogramm für diese Saison, wurde der Etat für die Profis von 1,8 auf 1,2 Mio. € gekürzt. Die II. Mannschaft aus dem Spielbetrieb abgemeldet. Bei der letzten Mitgliederversammlung konnte für den e. V. ein leichtes Plus verkündet werden, für die Spielbetriebs GmbH hingegen ein Verlust von 1,35 Mio. €. Das negative Eigenkapital liegt bei nunmehr 1 Mio. €. Für den Lichtblick sorgt mehr oder weniger das neue Stadion.

Gesellschafter "Jenarena" kündigte eine Einlage von 2 Mio. € an. Für mehr Stabilität müssen mehr Einnahmen her, vor allem bei Sponsoren und Tickets. Problematisch bei der Zusammenkunft war das Ergebnis der Aufsichtsratswahl. 2 Kandidaten der Stadt Jena fielen überraschend durch. Christian Gerlitz und Christian Grötsch galten und gelten als Förderer des Stadionbaus, deswegen war ihre Ablehnung für die Vereinsführung ein herber Schlag. Dem Gremium gehören 7 Mitglieder an, in der neuen Satzung wurde beschlossen, dass keine Vertreter der Spielbetriebs Gesellschafter dem Vorstand angehören dürfen. Es bleibt spannend beim EC-Finalisten von 1981.

Von derlei Gefechten und Aufregungen bleibt das Umfeld auf den Rängen eher unbeeindruckt, auch im dritten Jahr 4. Liga in Folge können die Thüringer auf eine zahlreiche Anhängerschaft bauen. Mit 3.381 im Schnitt hat der Drittligaabsteiger von 2020 den fünftbesten Besuch der Liga. Allerdings veritabel weniger als Erzrivale Erfurt, der durch die gute Stimmung nach dem tollen Abschneiden bislang, der Euphorie nach der Rückkehr in die Regionalliga und das volle Haus im Derby bei 5.385 liegt. Dazu wurde in Jena bislang erst 1 ausgesprochener "Kassenschlager" begrüßt, Cottbus lockte auch die meisten Fußballfreunde mit 4.436 an. Gegen den BAK, Lichtenberg, Altglienicke und Viktoria waren es dennoch immerhin jeweils über 3.000.