Abschiedsspiel statt Aufstiegskrimi am Elsterweg...
von Timo Görner
...und das ist auch gut so. Das Endspiel am Samstag um Rang 1 zu vermeiden, nötigt der Mannschaft und dem Trainerteam noch mal ein Riesen "Danke!" ab. Denn der kommende Gegner befindet sich derzeit in der absoluten Erfolgsspur.
Die aktuelle Saison unseres Gegners
Die U23 des VfL Wolfsburg erwies sich auch im dritten Jahr der Regionalliga Nord als Spitzenmannschaft. Sie setzte den Aufwärtstrend nach Platz 5 vor 2 Jahren und dem Vizemeistertitel in der abgelaufenen Saison hinter Babelsberg beeindruckend fort. 2009/2010 musste man 2 Spiele vor dem Finale alle Hoffnungen begraben, diesmal erst am vorletzten Spieltag.
Dass es erneut nicht reichte, gründete sich in einer Herbstrunde, die zwar stark bestritten wurde, aber den einen oder anderen Stolperer beinhaltete und wo man die Gegner bei weitem nicht so dominierte wie in der Schlussphase 2011. 4 Auswärtsniederlagen verhinderten (noch) den direkten Kontakt zum CFC. Ärgerlich waren die Pleiten in Wilhelmshaven (0:1) und Meuselwitz (1:2), das "kleine Niedersachsen-Derby" in Hannover (0:1) ging ebenso verloren wie das Gastspiel beim VfB Lübeck (1:3), der damals bereits das Feld von hinten aufrollte. Dafür blieb der VfL beim damaligen designierten Aufsteiger in Leipzig (1:0) verdient siegreich und beeindruckte mit einer starken Vorstellung. Etwas Boden verloren die Niedersachsen zudem in den letzten beiden Punktspielen 2010. Halle (2:2) holte am Elsterweg ein Remis, beim CFC kassierte man kurz vor dem Ende noch das 1:1. Vor der Winterpause betrug der Abstand zum CFC immer noch 9 Punkte. Ziel blieb aber nach wie vor der Staffelsieg.
Und die kleinen Wölfe blieben weiter dabei, schüttelten RB Leipzig und später auch die Lübecker als Mitkonkurrenten ab um den CFC mehr und mehr unter Druck zu setzen. Vergeblich waren unsere Hoffnungen auf einen Ausrutscher der Grün-Weißen. Am 20.11.2010 sollte der VfL die vorerst letzte Niederlage (Meuselwitz) kassieren, 18 Punktspiele in Folge wurde danach nicht mehr verloren. Mit 18:1 Toren holten die Wölfe alle 21 Zähler der letzten 7 Spiele. Dass man dennoch scheiterte, lag an den Himmelblauen, die mit 19 Punkten in dieser Ägide gegen hielten.
Trumpfkarte der Wolfsburger ist die Heimstärke. 13 der 16 Begegnungen als Platz bauende Gemeinschaft wurden siegreich gestaltet. Nur Halle, Kiel sowie Magdeburg als einziges Team im Jahr 2011 blieben in der Autostadt ungeschlagen. Damit ist man derzeit die zweitbeste Heimmannschaft hinter dem Aufsteiger. Auch als Gastmannschaft musste man nur dem CFC den Vortritt lassen, das mit den entscheidenden 4 Punkten weniger. So gesehen wurde der Staffelsieg wohl in Meuselwitz und Wilhelmshaven verspielt. Auch die großspurige Ankündigung von Tomas Oral vor dem Gastspiel beim CFC "man werde den VfL zum Meister machen" erwies auch als Floskel. Zumindest in der Frühjahrsrunde war man Erster. 59:24 Tore bedeuten die drittbeste Offensive und die zweitbeste Defensive. Schon jetzt hat man 5 Punkte mehr geholt als in der Vorsaison. 75 Zähler hätten 2008/2009 locker für den 1. Platz gereicht (70), 2010/2011 brauchte Babelsberg derer 77. Klares Ziel für 2011/2012: der große Wurf soll gelingen.
Delegierungen seit dem Hinspiel
In Wolfsburg setzte man auf Kontinuität. Wie schon in der Vorsaison wurde das Team im Saisonverlauf fast gar nicht verändert. Nur Stürmer Nassim Ben Khalifa (19) verließ zur Winterpause den Club. 6 Spiele und 2 Tore waren die Bilanz bis zum Jahreswechsel, dann ging es zum 1. FC Nürnberg II in die Süd-Staffel. Nach recht ordentlichen Leistungen reichte es immerhin für 1 Einsatz für 8 Minuten in der Bundesliga-Mannschaft von Dieter Hecking am 25. Spieltag gegen den FC St. Pauli (5:0), wo er zum 4:0 auflegen konnte.
Der Trainer
Lorenz-Günther Köstner (59) betreute die U23 des VfL auch in dieser Saison sehr erfolgreich. Vor wenigen Tagen verlängerte er den Vertrag bis Juli 2013, deutliches Zeichen der Wertschätzung beim deutschen Meister von 2009 für den Coach. Mit Köstner als Trainer bleibt die VfL U23 auch in der kommenden Saison einer der Topfavoriten.
Die Mannschaft
In den letzten 6 Spielen einschließlich Halle war der Schweizer Marwin Hitz (23) die Nr. 1, er stand auch beim 1:1 im Hinspiel im Kasten. Nach dessen Roten Karte beim HFC dürfte Jonas Deumeland (23) im Tor stehen. Die Abwehr bildet sich vorwiegend aus Maximilian Ahlschwede (21), Julian Klamt (21), Michael Schulze (22) und Andre Fomitschow (20). Auch der Ex-Chemnitzer Rico Schlimpert (23) zählte zeitweise zur Stammformation. Schulze (4) und Fomitschow (3) sind auch durchaus torgefährlich. Im Mittelfeld verdienen Nico Granatowski (20), Kevin Wolze (21), Philipp Kreuels (26), Routinier wie Kapitän Sebastian Schindzielorz (32) und Robin Knoche (19) eine lobende Erwähnung. Wolze dabei der wohl herausragende Akteur mit 8 Torerfolgen und 5 Vorlagen. Qualitativ enorm stark ist der Angriff. Hier hat man mit Fabian Klos (23), Sebastian Polter (20) und Mike Könnecke (22) gleich 3 Angreifer zur Verfügung die überzeugen konnten. Klos zeichnete für 13 Treffer und 4 Vorlagen, Polter für 11 Treffer und 2 Vorlagen sowie Könnecke auch noch mal für "7 + 4" verantwortlich. Kevin Scheidhauer (19) als "Matchwinner" vom Heimspiel gegen RB Leipzig ist da nur die Nummer 4. Kevin Schulze (19) griff erst 2011 ins Geschehen ein und überraschte mit 2 Toren in 6 Spielen. Mehrere Spieler gehören zum Kader der eher enttäuschenden Bundesliga-Mannschaft: Hitz, Klamt, M. Schulze, Knoche, Kreuels, Wolze, Klos, Scheidhauer und Polter. Allerdings kam bislang nur Hitz in 6 Fällen dort zum Einsatz.
Gewinner der Saison
Spieler wie Wolze, Klos oder Polter konnten (wieder) Werbung für sich betreiben. Ob es am Ende reicht beim eigenen Verein die Chance auf mehr zu bekommen oder man auch bei dieser U23 "eher für andere Vereine ausbildet" bleibt abzuwarten. Wolze jedenfalls spielt kommende Saison beim MSV Duisburg in Liga 2. Ein anderes Beispiel ist Alexander Esswein, der in der aktuellen Saison den Wechsel in die 3. Liga wagte und über das "Sprungbrett Dynamo Dresden" nächste Saison eventuell als Stammspieler in der 1. Bundesliga agieren wird. Bilanz in 2 Jahren VfL Wolfsburg: 8 Spiele, davon lediglich 2x in der Anfangself.
Die Einkaufsbilanz
10 Neue wurden vermeldet, davon hat sich Nico Granatowski (20/Mittelfeld) als Zugang aus der A-Jugend des VfL etablieren können. Nicht berauschend auf den ersten Blick, allerdings kamen auch 6 Kicker aus dem Team von Granatowski. Also primär eher Anschlusskader, Durchsetzen auf Anhieb eher überraschend. Zudem war die Mannschaft stark, so dass großartige Verstärkungen nicht nötigt waren.
Prognose
…kann man sich sparen, spannend eher für die kommende Saison. Leipzig, Wolfsburg, Halle, Kiel, dazu wohl auch noch SV Werder Bremen II je nachdem ob die doch noch den Klassenerhalt schaffen – sollten die Favoriten für die neue Spielzeit heißen. Mit Wolze gibt es einen Abgang, den man erst einmal kompensieren muss. Gelingt das, dürfte man wieder ganz oben mitspielen.
Das Umfeld
Der erneut und diesmal noch knapper verpasste Aufstieg war schon eine kleine Enttäuschung. Der Aufwärtstrend der einst eher durchwachsenen Nachwuchsabteilung setzt sich aber weiter fort. Für ein Endspiel am Samstag wären wohl ein paar Leute mehr gekommen als sonst, der Besucherzuspruch am Elsterweg blieb über die gesamte Saison kaum drittligatauglich: 329 zahlende Zuschauer im Schnitt wurden registriert, ein Anstieg auf kleinem Niveau (229) zum Vorjahr. Im letzten Heimspiel gegen Meuselwitz kamen trotz des immer noch möglichen Aufstiegs gerade mal 130 Fußballfreunde. Das "kleine Derby" gegen Braunschweig II sah eine regionalligawürdige Kulisse mit 1.600, allerdings in der deutlichen Mehrheit Fans der Blau-Gelben. Ebenfalls eher den Gästen waren die 1.000 gegen Magdeburg zu verdanken. Wie die Perspektive der besten U23 Spieler aussehen wird, bleibt abzuwarten. Nach den enttäuschenden letzten 2 Jahren der gut bezahlten Profis könnte man einen "zaghaften Umbruch" mit dem Einbau mehrerer junger Spieler aus dem eigenen Nachwuchs vermuten. Der Erfolgstrainer der U23 war über die Regionalliga-Reform nicht unbedingt glücklich, wird auch für dieses Kollektiv damit der angestrebte Aufstieg erschwert. Immerhin ein wenig mehr Realismus als die "Reform-Verweigerer" aus der Messestadt, welche das schon aus der Perspektive eines Bundesligisten beurteilten.
