Spielbericht

Finale - Sachsenpokal - Saison 2013/2014
FC O'lausitz Neugersdorf
FC O'lausitz Neugersdorf
2:3 n.V.
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Von grauen Haaren und der Angst vor dem Elfmeter

von Erik Büttner

Beschauliche Pokalfinalkulisse in NeugersdorfJetzt, einen Tag nach dem Sachsenpokalfinale 2014 ist alles wieder entspannt. Es regierte die Freude über einen schönen, über einen spannenden Abend. Die reichlich eine Stunde, in der sich die grauen Haare auf dem Kopf der Fans des Chemnitzer FC exponentiell vervielfacht haben, wird bald nur noch als amüsantes Detail Teil der Erinnerung an den Abend sein.

Der Abend begann zumindest für unsere kleine Delegation aus Chemnitz mit dem Besuch der ältesten und der ergiebigsten Quelle des Spree-Flusses. Wässrig ging es dann weiter, als sich knapp eine Stunde vor dem Anpfiff noch ein Regenschauer über dem Finalort Neugersdorf ergoss. Doch wir hatten Glück und konnten den weitgehend im Auto vorüberziehen lassen.

Dann also auf ins Stadion, noch fielen ein paar Tropfen vom Himmel. Der überdachte Teil des Gästeblocks war prall gefüllt, aber so waren wenigstens die oberen Stufen des „Freiluftgästekäfigs“ noch frei und das ermöglicht doch noch einen halbwegs unvergitterten Blick aufs Spielfeld. Beim Anpfiff durch Schiedsrichter Stefan Herde aus Dresden war dann die Jahn-Sportanlage mit 3.219 Zuschauern besetzt, davon 681 CFC-Fans. Von diesem Anpfiff weg versuchte der CFC mit Stefan Riederer im Tor für den verletzten Phillip Pentke und der Fink-Förster-Doppelspitze dem zwei Klassen niedriger spielenden FC Oberlausitz klar zu machen, wer der Drittligist ist. Das gelang auch gar nicht schlecht mit einigen verheißungsvollen Chancen, bei einer stand nur der Pfosten dem Torerfolg im Weg. Doch auch die mit 8 tschechischen Spielern gestartete Gastgeberelf präsentierte sich gut und zeigte sich vor Chemnitz‘ Tor. So ging das eine halbe Stunde, dann machten Fink und Förster ernst, doppelpassten sich durch den FCO-Strafraum und Fink schloss zum 1:0 ab (29.).
Mit diesem Tor kippte die Partie doch deutlich zu Gunsten der Himmelblauen. Kegel, Förster und Pfeffer beschäftigten den Neugersdorfer Torwart gut, verpassten aber eben auch das Ausbauen der Führung. Vom Gastgeber allerdings war bis auf einen strammen Schuss aus der zweiten Reihe nicht mehr viel zu sehen. So ging es mit der Führung und einem recht guten Gefühl in die Pause.

Ab Halbzeit 2 hatte CFC-Trainer Heine einiges zu kritisieren Mit dem Wiederanpfiff beginnt dann die graue Haare-Phase. Denn drei Minuten später tobte die Arena. Sisler hatte nach einem weiten Einwurf in den Strafraum den Ball genau auf den Fuß bekommen und donnerte ihn zum Ausgleich in die Chemnitzer Maschen (48.). Dieser Treffer war genau die Motivationsspritze, die der vorher angeschlagene Gastgeber brauchte. Den CFC traf das Tor schon auch in Mark und Bein und die Verunsicherung gewann in Chemnitzer Reihen auf dem Feld wie im Gästekäfig langsam wieder die Oberhand. Der FCO verhielt sich clever, ließ den CFC das Spiel machen, stellte sich mit einer Mauer vor den Strafraum auf und schickte dann mit langen Bällen die schnellen Stürmer auf die Reise. Es erinnerte an FC Bayern gegen Madrid aus der Vorwoche und das beruhigte nicht unbedingt.
Doch im Unterschied zu den Münchnern machte der CFC sein Tor. Der in Halbzeit zwei auf der rechten Bahn agierende Fink setzte mit einem diagonal gespielten Traumpass Förster in Szene und der schloss trocken ab (63.). Das schockte aber den Gastgeber keineswegs. Sie blieben ihrem Konzept treu und der CFC seiner Verunsicherung. Die Zuspiele wurden seltener genau gespielt, was immer wieder den FCO gefährliche Konter ermöglichte. Dann versemmelte Förster auch noch eine von Pfeffer wunderbar erspielte Chance kläglich und so nahm das Unheil seinen Lauf. Der immer an der Grenze zum erlaubten spielende Nezmar drückte Bankert im Strafraum weg, legte ab auf Sisler, und der vollstreckte zum zweiten Mal (79.).
Die Gastgeber, angetrieben vom nun erwachten Heimpublikum, waren nun oben auf. Der CFC war hauptsächlich mit dem Verhindern weiterer gefährlicher Konter beschäftigt und schaffte nur selten, nennenswerte Offensivaktionen zu erarbeiten. In der 87. Minute sah dann Schiedsrichter Herder sehr großzügig über ein mehr als eindeutiges Handspiel eines FCO-Spielers hinweg. Chemnitzer Galgenhumor: Wer hätte den auch schießen sollen?

FCO-Routinier Nezmar ging oft rustikal zu Werke Das Lachen blieb den Mitgereisten aber dann im Halse stecken, als es in die Verlängerung ging und Herder nach einem Foul an Semmer tatsächlich auf Elfmeter entschied. Denn auch Förster reihte sich nun in die Liste der Elfmeterversemmler ein. FCO-Torwart Samoel boxte Försters nicht schlecht geschossenen Strafstoß einfach weg. Nun war im Jahn-Sportpark die Hölle los und die graue Haarewachstumskurve schoss in die Höhe. Fast im Minutentakt feuerte Neugersdorf nun in Richtung CFC-Tor und der Abstand wurde immer knapper. Aber es stand eben weiter das 2:2 und das Elfmeterschießen rückte näher. In diesem Moment musste den eingewechselten Mauersberger und Semmer wohl klar geworden sein, dass das mit dem Elfmeterschießen aus Sicht den CFC wohl keine gute Idee sei. Also machte sich Mauersberger auf, trug den Ball in Richtung Strafraum, legte dann rechts ab auf Semmer, der den Ball flach ins Tor zirkelte (117.). Nun bebte der Gästekäfig und der komplette CFC-Kader begrub Semmer unter sich.
Doch noch war die Partie nicht vorbei und Neugersdorf geschlagen. Die letzten 180 Sekunden glichen einer Dauerbelagerung von Riederers Fünfmeterraum. Der Ball sprang wie toll von einem Bein zum nächsten, touchierte den Innenpfosten, ging zur Ecke, kam wieder rein, donnerte wieder von Bein zu Bein, aber er ging nicht rein. Dann der erlösende Pfiff und der CFC war Sachsenpokalsieger 2014!

Was bleibt sind der Pokal, die Qualifikation für den DFB-Pokal, ein paar graue Haare mehr und eine spannende Pokalgeschichte. Die Kontrahenten haben sich ein gutes Spiel geliefert und dafür verdient das unterklassige Neugersdorf Respekt. Sicher war beim CFC nicht alles Gold, aber sie haben in entscheidenden Momenten ihre Tore gemacht und sich das nötige Glück erarbeitet. Und auch wenn es wie eine Floskel klingt – so ist das nun einmal im Pokal: Der kleine trumpft groß auf und lässt den Großen etwas alt aussehen. Jetzt waren wir als CFC die Großen, doch in drei Monaten sind wir in der ersten DFB-Pokalrunde dann die kleinen. Und da wollen wir ja auch so auftrumpfen, wie es Neugersdorf gemacht hat, vielleicht ja wieder mit einem glücklichen Ausgang für die Himmelblauen…

Wertung: 2,0 (Viel mehr Spannung und Drama geht nur noch in Hohenstein)

Beste Himmelblaue: Fink, Semmer, Riederer

Pressestimmen

Bild-Chemnitz

FC Oberlausitz verpasst Sensation nur knapp

[..] „Fußball kann manchmal so brutal sein", brachte es Manfred Weidner (52), Trainer des FC Oberlausitz Neugersdorf, nach dem Spiel auf den Punkt. [..] „Es war für uns das erwartet schwere Spiel", war CFC-Coach nach dem Pokalfight erleichtert. „Es war ein typisches Pokalspiel. Am Ende hatten wir das Glück auf unserer Seite." [..] Der Favorit aus Chemnitz macht von Beginn an Druck, will gegen den Fünftligisten gleich für klare Verhältnisse sorgen. Und hat in der 13. Minute bei einem Pfostenschuss von Anton Fink Pech. Der Top-Stürmer macht es nach gut einer halben Stunde besser, schiebt nach einem prima Doppelpass mit Förster aus zehn Metern zur verdienten Gäste-Führung ein (29.). [..] Dramatische Szenen in der Schlussminute der Verlängerung: Der FCO drückt noch mal, hat die Riesenchance zum Ausgleich, doch der Ball wird zunächst von der Linie geklärt, knallt dann noch an den Innenpfosten. Danach pfeift Referee Stefan Herde (Dresden) ab und die Chemnitzer Spieler liegen sich in den Armen. [..]

MDR-Online

Chemnitz erkämpft sich den Pott

[..] Der CFC hatte die Partie gut im Griff und belohnte sich mit der Führung durch Fink, der von Förster sehenswert in Szene gesetzt wurde (29.). Fünf Minuten später köpfte Förster einen scharfen Freistoß von Fink nur knapp neben das Tor. Auch im Anschluss agierte Chemnitz druckvoll und störte Neugersdorf bereits früh beim Spielaufbau. [..] Die zweite Hälfte begann für die "Himmelblauen" mit einer faustdicken Überraschung: Ein weiter Einwurf wurde von Nezmar auf Sisler verlängert, der per Volleyschuss ins Dreiangel zum Ausgleich einnetzte (48.). Chemnitz erholte sich aber schnell und hielt das Tempo weiter hoch. Nach einem schönen Zuspiel von Fink markierte Förster per Flachschuss die erneute Chemnitzer Führung (64.). [..] Doch der FCO steckte nicht auf. Nach einem Ballverlust der Chemnitzer wurde erneut Sisler im Strafraum angespielt, der die Kugel flach zum 2:2 im Tor versenkte (79.). [..] In der ersten Hälfte der Verlängerung hatte der CFC die Riesenchance zum 3:2, als Semmer im Strafraum gefoult wurde und der Referee auf Strafstoß entschied. [..] In der zweiten Halbzeit setzte erst Marrack den Ball über das Tor (110.), ehe Dittrich ebenfalls nur haarscharf die Kugel über die Querlatte beförderte (111.). Doch statt die Chancen zu nutzen, jubelte kurz darauf der Favorit. Dabei hatte der wenige Minuten zuvor eingewechselte Mauersberger auf Semmer gepasst, dessen Flachschuss schließlich zum 3:2 im Tor landete (117). [..]

Finale - Sachsenpokal - Saison 2013/2014
Mittwoch, 07. Mai 2014, 18:15 Uhr
ENSO-Oberlausitz-Arena, Neugersdorf
Zuschauer: 3.219
Schiedsrichter: Herde (Dresden)
FC O'lausitz Neugersdorf
T Samoel
A LukàsGelbe Karte (71. Marrack)
A KunzeGelbe Karte
A Penc
A Flachbart
M Dittrich
M Sisler
M Petrick (98. Fröhlich)
M Liska
S Heineccius (67. BergGelbe Karte)
S Nezmar

Trainer: Weidner
Chemnitzer FC
T Riederer
A Scheffel (46. Hansch)
A Al-Hazaimeh
A Bankert
A Hofrath
M Lais
M KegelGelbe Karte
M Stenzel (106. Mauersberger)
M Pfeffer
S Fink (85. Semmer)
S Förster

Trainer: Heine
Tore
0:1 Fink (29.)
1:1 Sisler (48.)
1:2 Förster (63.)
2:2 Sisler (79.)
2:3 Semmer (117.)

Besondere Vorkommnisse:
Samoel hält Foulelfer von Förster (96.)