Spielbericht

7. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
0:2
FSV Mainz 05
FSV Mainz 05

Eine Ode an die Regionalliga

Diesmal gibt es zwei Berichte vom "Trauerspiel" auf der Fischerwiese.
Zunächst der Bericht von Frank Neubert:


Nach dem völlig verkorksten Spiel bei RWO und der einwöchigen Erholungspause für Spieler und Fans war Sammeln von positiven Werten angesagt. Die nicht erbrachte Leistung in Oberhausen hatte man sicher intern ausgewertet, Krupnikovic und Avdic standen wieder im Team, und dazu kam der neuverpflichtete und mit Vorschusslorbeeren bedachte Abwehrchef Boban Babunski. Sogar Schwimmass Steve Theloke ließ in Sydney lieber die olympische Abschlussfeier sausen, um die Himmelblauen siegen zu sehen. Hätte er mal lieber - aber der Reihe nach...

Der CFC war vom Anstoss weg erstmal optisch bemüht, sich als das Heimteam von zwei miserabel aufspielenden Mannschaften zu präsentieren. Der Ball wurde behäbig durch das Mittelfeld in die Mainzer Hälfte gebracht, wo dann der FSV seinen Abwehrriegel postiert hatte und sich am Zerstören des Spiels erfreute. Es zeichnete sich ab, das der CFC trotz aller Bemühungen noch nicht mal das leidliche Anfangsniveau der bisherigen Heimspiele erreichen sollte - die Leidensfähigkeit der Fans wurde erneut schwer geprüft.

Die Mainzer deckten geschickt die strategischen Offensivkräfte Skela und Krupnikovic ab, wodurch das Mittelfeldspiel der Himmelblauen wieder einmal auf den Schultern von Oldie Köhler und Youngster Kluge ruhte. Mangels Flügelspiel, welches man scheinbar total verlernt hat, wurden die Stürmer oft lang geschickt - eine sichere Beute der Mainzer Abwehr. Das gesamte CFC-Team wirkte sehr unsicher, gepaart mit fussballerischer Einfallslosigkeit im Mittelfeld und einen überaus harmlosen Sturm. Die Fortsetzung des Oberhausener Gegurkes in heimischen Gefilden. Ausser einem Drehschuss der Marke "ungefährlich" von Avdic, welcher später verletzt ausschied, gab es nach vorne nichts zu vermelden.

Selbst der sichere Ananiew leistete sich Stoppfehler mit dem Fuß, war aber bei einem der wenigen Mainzer Konter auf der Hut und klärte reaktionsschnell vor dem durchgebrochenen Hock. Die Abwehr um Neulibero Babunski hinterließ aber insgesamt keinen schlechten Eindruck und zumindest der Mazedonier konnte zeigen, das er sowohl mit dem Kopf, dem Fuss, als auch dem Körper dem Gegner den Ball abjagen kann. Selbst Angriffe leitete er mit ein, in der 31. Minute wird er bei einem Vorstoss in den gegenerischen Strafraum von den Füßen geholt - Elfmeter für die Himmelblauen. Skela läuft an, zirkelt den Ball aber an den Pfosten - Nachschuss von Skela - Tor! Denkste, denn die Regel besagt, das der Schütze den abprallenden Ball ohne Berührung eines Gegenspielers nicht versenken darf, na toll. Irgendwie passte dies aber zum bisherigen schlechten Spiel, denn ein Tor hatten beide Teams nicht verdient. Danach der CFC noch unsicherer, aber auch der FSV zeigte, das er sich zurecht im Tabellenkeller der zweiten Liga befindet. Einfallslosigkeit und Standfussball auf beiden Seiten - die einen konnten nicht, die anderen wollten nicht. Pausenstand 0:0, mit schönen Grüssen an die Regionalliga und einem gellenden Pfeifkonzert der kopfschüttelnden Betrachter.

Zur Pause kein Wechsel, die Trainer vertrauten weiterhin ihren 22 Ballkünstlern, vielleicht eine Art Wiedergutmachungspflicht ?! Zumindest Mainz war jetzt durch eine erhöhte Laufbereitschaft etwas besser im Spiel. Thurk taucht plötzlich völlig frei vor Ananiews Kasten auf, vergibt aber kläglich. Der CFC auch nach der Pause weiter völlig indisponiert, fehlende Ideen im Mittelfeld, kein Anbieten der Stürmer, Ecken und Freistösse teilweise direkt zum Gegner, keine einzige echte herausgespielte Torchance - Festung "Gellertstrasse" war einmal.

Es kam, wie es kommen musste. Der Mainzer Thurk setzt sich in der Mitte durch, Ananiew stürmt heraus und erwischt den Mann statt den Ball. Elfmeter für Mainz und "Rot" für Toni - bittere, aber regelkonforme Doppelbestrafung. Ersatzkeeper Fröhlich wird für den schwachen Holetschek eingewechselt, kann aber gegen den Elfer von Ouakili nichts ausrichten. Der CFC vollends zerstört - selbst unter Rücksichtnahme auf das nun folgende Unterzahlspiel kann man getrost den Begriff "Arbeitsverweigerung" gebrauchen. Die Zeiten eines fightenden himmelblauen Teams scheinen endgültig vorbei zu sein. Zum ängstlichen Gekicke gesellten sich nun noch Lustlosigkeit und verantwortungsloses Ballgeschiebe. Was vor allem die Herren Ivankovic, Skela, Dittgen, Bittermann, Mehlhorn und Biskup anboten, war eine Frechheit. Einzige Lichtblicke vielleicht: Babunski, weil sehr bemüht - Köhler, überall auf dem Platz - Kluge, zumindest mit Willen.

83. Minute: Mainz kommt mit Kramny über links angestürmt, Bittermann erstarrt in Gastfreundschaft, Kramny schiesst und trifft Köhlers Hinterteil - der abgefälschte Ball zischt bei dem verdutzten Fröhlich unhaltbar ins kurze Eck - 0:2. Die Zuschauer wanden sich mit Grausen ab und suchten schonmal den Heimweg. Die Verbliebenen sollten aber noch zwei Elfer zu sehen bekommen. Die Stimmung war wegen des grauenhaften Kicks der Himmelblauen gekippt und zur Farce geworden. Die Südkurve sang "Wir ham die Schnauze voll" und nahm die Stadionfahnen vom Zaun. Selbst die stimmgewaltigen und treuen Tribünenstehplatze riefen "Absteiger, Absteiger". Frust und Wut über die nicht stattfindende Leistung allerorten - Tendenzen wie im Abstiegsjahr 1996. Zwei Minuten später foult Mehlhorn im eigenen Strafraum einen Mainzer Spieler - noch ein Elfer. Die Fans singen "Hinein-Hinein" - und feiern kurz darauf die Glanzparade von Fröhlich, welcher das 0:3 verhindert, makabere Stimmungsbilder. Und es gab noch einen Elfmeter - der Alleinunterhalter Köhler stürmt in der 90. Minute in den Mainzer Strafraum, und kommt dort irgendwie zu Fall. Der Schieri gibt den vierten Elfmeter - Krupnikovic packt das Leder, läuft an, und setzt den Ball lässig neben den rechten Pfosten. Es bleibt beim 0:2 - ein Armutszeugnis in Himmelblau, eingerahmt vom massiven Pfeifkonzert zum erlösenden Schlußpfiff. Schnell abtauchende Spieler und Sprüche wie "Vorstand raus" ließen auch bei den Letzten der Treuen böse Erinnerungen an den Absturz vor 4 Jahren aufkommen.

Mit der heutigen Leistung hat sich der CFC einen absoluten Bärendienst erwiesen, welcher nicht nur vom Resultat her einen schweren Rückschlag im Abstiegskampf bedeutet, sondern vor allem die eigenen Fans auf die Palme gebracht hat. Bitter genung! Der Verein sollte dringend etwas dafür tun, die entstandene Situation durch offene Aussprachen im Team und Öffentlichkeitsarbeit mit den Fans zu entspannen, der CFC braucht seine Fans genauso wie die Fans ihren Verein. Ein Machtwort des Präsidenten scheint angebracht, und das ganz schnell und treffend !!! Ansonsten - Herzliches Willkommen in der Regionalliga...


Und hier die Eindrücke von Timo Görner:

Für mich und viele andere der knapp 5.600 fast schon "Masochisten" an diesem Sonntag Nachmittag war diese 0:2-Niederlage gegen den (Angstgegner ?) FSV Mainz 05 der Tiefpunkt der bisherigen Saison nach den Lichtblicken in Osnabrück und gegen Ulm im letzten Heimspiel. Erschreckend dabei, dass der CFC gegen einen Gegner verlor, der an diesem Tag ebenfalls kaum Zweitliganiveau bot und ohne den berechtigten Elfmeter und das "halbe Eigentor" von Sven Köhler wie der CFC noch tagelang hätte ohne Torerfolg spielen können. So hatte man den Eindruck, hier spielen zwei künftige Regionalligisten.

Beim CFC waren Avdic und Krupnikovic wieder fit und kamen zum Einsatz, wobei der bislang in den Punktspielen noch glück-und erfolglose Stürmer bereits nach 25 min. durch Ivankovic verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste. Zweiterer ist es, der neben Peer Kluge momentan in einer offenbar total verunsicherten Mannschaft sowas wie Bundesliganiveau besitzt. Boban Babunski hinterliess als mittlerweile bereits 4. Libero dieser Saison nach Holetschek, Laudeley und dem gesperrten Podunavac einen ganz ordentlichen Eindruck und holte auch den Elfmeter heraus, der zum Knackpunkt dieses Spiels werden sollte. Mit Ervin Skela trat der "todsichere Elfmeterschütze vom Dienst an", traf zwar das Tor, aber erst im Nachsetzen aus logischer Abseitsposition. Vorige Saison wäre der Ball vermutlich noch reingegangen. Danach noch mehr Verunsicherung beim CFC, was die schwachen Gäste aber bis auf gefällige Ballstaffetten bis zum 16er nicht nutzen konnten. So pendelte sich alles auf ein typisches 0:0-Spiel ein. Der CFC konnte nicht und der FSV 05 wollte offenbar gar kein Tor erzielen.

So kam was kommen musste, in der 66. min. liess sich der CFC recht amateurhaft auskontern und Toni Ananiew, der selber momentan verunsichert wirkt, kam einen Augenblick zu spät. Konsequenz die Rote Karte und eine mindestens 14-tägige Sperre. Für ihn kam Daniel Fröhlich zu seinem Bundesliga-Debüt, was er sich sicherlich anders vorgestellt hatte. Im Gegenzug zu Skela Ex-TeBe´ler Ouakilli mit besseren Nerven und Zielwasser zum 0:1 für die Gäste. Auch danach nur sporadisch ein Anrucken der Gastgeber und kaum richtig gute Torchancen. Fehlpässe im Aufbau, kaum energisches Zweikampfverhalten und vor dem Tor zu harmlos. So konnte der Gast das Spiel relativ ruhig trotz eigener Unzulänglichkeiten nach Hause schaukeln und nach 83. min. quasi vorentscheiden. Es folgten Abwanderungsbewegungen der meisten, mittlerweile frustrierten Fans in die heimatliche Richtung und so bekamen nur noch relativ wenige mit, dass Daniel Fröhlich einen weiteren Mainzer Elfmeter hielt und ein gleiches Ergebnis wie in der Abstiegssaison 95/96 vermeidete, als der FSV Mainz 05 die "grausige Serie" des CFC mit 3 weiteren Niederlagen und das Aus von Reinhard Häfner einläutete. Es passte zum Spiel, dass Nebojsa Krupnikovic kurz vor Ende auch den zweiten Elfmeter des CFC recht kläglich vergab. So bleibt eine mittlerweile erschreckende Serie von 7 Spielen zu Hause mit nur 5 Toren (1:1, 1:1, 1:0, 0:2, 1:3, 1:0, 0:2) und dem vorläufigen Ende der "Festung Gellertstrasse" als statistischer Eindruck und der Erkenntnis, dass der CFC in dieser Saison nur sporadisch sowas wie Zweitliganiveau anbieten konnte. Noch drastischer erscheint die Tatsache, dass das vormals recht enge Band (geknüpft durch die Erfolge in den letzten 2 Jahren mit einer vorwiegend regional geprägten Mannschaft) zwischen Fans und Mannschaft mehr als dünn geworden ist. Was Rufe wie "Ausländer raus !" einer noch relativ kleinen Gruppe im Stadion als Reaktion ebenso unsinnig wie sinnlos ist. Gerade Spielern wie Krupnikovic, Skela oder Ananiew hat man letztendlich den glücklichen Klassenerhalt letzte Saison zu verdanken, darüber gilt es mal ernsthaft nachzudenken, zumal gerade ein Ronny Kujat im letzten Heimspiel gegen Ulm mit einer bemerkenswert lustlosen Einstellung nach einer Einwechslung wenig für einen Stammplatz getan hat. Die Problematik, dass beim CFC "Erbhöfe" eine zu grosse Rolle spielen scheint sich zu bewahrheiten, "Gruss" vor allem an Torsten Bittermann.

Wertung: 6

Beste Himmelblaue: Babunski, Köhler, Kluge mit Abstrichen

Pressestimmen

Kicker
Skela versagten die Nerven [..] Mainz kam in die Siegesspur, als Skela seinen Strafstoß vergab, Quakili aber seinen ersten nutzte. [..] Sein Trainer Kuze wirkte fast deprimiert. [..] Wie er die total verunsicherte Truppe aus dem Tief führen will, ist derzeit ein Rätsel.

Freie Presse Chemnitz
Chemnitzer FC spielt wie ein Absteiger [..] Auweh, CFC! [..] Mit der Festung Gellertstraße ist es endgültig vorbei. [..] "Uns fehlt der Rhythmus und das Gefüge in der Mannschaft stimmt nicht", zog Kapitän Torsten Bittermann eine bittere Bilanz. [..] Und wie geht es mit dem CFC weiter? "Die Frage ist, ob unser Potenzial der 2. Liga genügt", deutete Ananiev an, dass man es vor der Saison verpasst habe, die Mannschaft zu verstärken. [..] Peter Neustädter [..] "Der CFC hat gut ausgebildete Spieler, aber keine Mannschaft.

Chemnitzer Morgenpost
Wieder ein Schritt Richtung Abstieg! [..] Wenn in Chemnitz nicht bald alles mit dem bezahlten Fußball vorbei sein soll, dann muss das Präsidium mit seinem Wiesbadener Boss Claus-Peter Nofri endlich mal aufwachen und noch etwas für den Angriff tun. Die Wirkung der Stürmer Marco Dittgen und Alen Avdic ist zur Zeit gleich Null.

7. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Sonntag, 01. Oktober 2000, 15:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 5.680
Schiedsrichter: Wack (Bieberach)
Chemnitzer FC
T AnanievRote Karte
A Babunski
A Bittermann
A Mehlhorn
A Holetschek (66. Fröhlich)
M Skela
M Kluge (75. Biskup)
M Köhler
M Krupnikovic
S Avdic (25. Ivankovic)
S Dittgen

Trainer: Kuze
FSV Mainz 05
T Wache
A Bodog
A Neustädter
A FriedrichGelbe Karte
A KinkelGelbe Karte
M Kramny
M Schwarz
M Nehrbauer (87. Lieberknecht)
M Hock
M OuakiliGelbe Karte
S Thurk (85. Policella)

Trainer: Vandereycken
Tore
0:1 Ouakili (66./Foulelfer)
0:2 Kramny (83.)

Besondere Vorkommnisse:
Skela verschießt Foulelfer (33.)
Rote Karte für Ananiev (66.)
Fröhlich hält Foulelfer von Ouakili (86.)
Krupnikovic verschießt Foulelfer (89.)