Weshalb es für Samstach gut aussieht...

Zum Spiel SC Preussen Münster - Chemnitzer FC (1:0)
01.03.2002 von Ritter Runkel
Liebe Freunde der stabilen Telekom-Aktie,

ein 3:1, ein zweiter Tabellenplatz - man möchte laut "Abpfeifen!" brüllen. Da sind die Preußen vor, und gegen die sahen wir eigentlich selten gut aus. Ich erinnere nur an die Doppelschlacht bei Jena und Austerlitz, als wir zusammen mit den Preußen (und den Braunschweigern!) gegen den ollen Napoleon verloren, um anschließend die Koalition mit Preußen zu brechen und - jetzt kommen wir zur unerfreulichen Konsequenz - uns in der Völkerschlacht zu Leipzig von den Preußen vermöbeln zu lassen. Und nebenbei gesagt auch von den Österreichern. Wir sind tief gesunken damals. Dann gab es da einen Be-Eff-Zeh, der zwar preußischer Herkunft war, aber preußische Tugenden wie beispielsweise Ritterlichkeit vermissen ließ (woraus sich aber nicht schließen läßt, daß der Ritter an sich ein Preuße wär, auch wenn er sich im Exilland Bayern des öfteren so nennen lassen muß). Aber lassen wir das - unser Großmut ist legendär. Denn heute gibt es eine himmelblaue Eliteeinheit, die sich nicht ins Bockshorn jagen läßt, und erst recht nicht von Preußen und solchen, die welche sein wollen. Wie war das also immer Anfang März:

03.03.1963: SC Rotation Leipzig vs SC Motor Karl-Marx-Stadt 1:1

01.03.1964: BSG Motor Zwickau vs SC Karl-Marx-Stadt 2:2

06.03.1965: BSG Wismut A** vs SC Karl-Marx-Stadt 1:1

04.03.1972: 1.FC Lokomotive Leipzig vs FC Karl-Marx-Stadt 2:1

02.03.1976: BSG Stahl Riesa vs FC Karl-Marx-Stadt 0:0

06.03.1976: FC Rot-Weiß Erfurt vs FC Karl-Marx-Stadt 0:0

05.03.1977: FC Rot-Weiß Erfurt vs FC Karl-Marx-Stadt 3:1

01.03.1980: FC Rückwärts Frankfurt vs FC Karl-Marx-Stadt 3:1

27.02.1982: Hallescher FC Chemie vs FC Karl-Marx-Stadt 0:4

05.03.1983: BSG Sachsenring Zwickau vs FC Karl-Marx-Stadt 0:3

03.03.1984: Hallescher FC Chemie vs FC Karl-Marx-Stadt 1:2

02.03.1985: 1.FC Magdeburg vs FC Karl-Marx-Stadt 1:1

28.02.1986: FC Rückwärts Frankfurt vs FC Karl-Marx-Stadt 1:1

27.02.1988: BSG Stahl Brandenburg vs FC Karl-Marx-Stadt 3:1

02.03.1991: FC Viktoria 91 Frankfurt vs Chemnitzer FC 0:1

28.02.1993: VfL Wolfsburg vs Chemnitzer FC 0:0

05.03.1994: FC Bayer 1905 Uerdingen vs Chemnitzer FC 2:0

02.03.1997: Spandauer SV 1894 vs Chemnitzer FC 1:1

27.02.1999: FC Rot-Weiß Erfurt vs Chemnitzer FC 1:2

03.03.2001: 1.FSV Mainz 1905 vs Chemnitzer FC 3:1

Macht insgesamt 20 Spiele, von denen 5 gewonnen und 6 verloren wurden. 9 mal unentschieden. Ziemlich ausgeglichen, oder? Spiele gegen den BFC sind leider nicht dabei, aber Frankfurt taucht zweimal als NVA-Team auf, also werden diese Ergebnisse wie gehabt gestrichen. Bleiben 18 Spiele: 5 Siege, 8 Remis, 5 Pleiten, 22:21 Tore. Schon mal nicht übel.

So richtig griffige Fakten sind diesmal Mangelware. Aber ich weiß zu berichten, daß wir im März 1963 als Aufsteiger zu den Leipziger Rotationern fuhren. Ein Auswärts-Unentschieden als Aufsteiger? Das ist aller Ehren wert. Das wurde wie ein Sieg gefeiert (merken für die Endabrechnung!). Übrigens hat Rotation Leipzig nix mit den Lokisten oder den Chemikern zu tun.

Ein Jahr später ging's nach Zwickau, die am Ende 4. der Meisterschaft wurden - das Unentschieden war für die Trabibauer ein Punktverlust. In der Logik ist "Das Unentschieden war ein Punktverlust." eine Aussage. Durch logisches Schließen kann man von einer Aussage zu einer anderen gelangen. Wir gelangen also durch logisches Schließen zur Aussage, daß das damalige Ergebnis für uns ein Punktgewinn war. Durch nichtlogisches Schließen gelangen wir nun zur Aussage, daß ein unerwarteter Punktgewinn wie ein Sieg ist. Merken!

Ein Unentschieden bei den Lößnitzern ist definitiv zu wenig. Da hilft kein Rumdrucksen, Rumphilosophieren, Rumstatistikern und Rumtrinken - aus einem 1:1 bei Wismut kann auch der Dalai Lama keinen Sieg rausholen. Sch... ade.

Im März 1972 gastierten wir als Aufsteiger bei den Lokisten in deren Ruine in Prostheißa. Es war der Rückrundenauftakt, der übrigens für die Himmelblauen mit 3 Pleiten am Stück (1:2 in Leipzig, 1:5 gegen Dresden, 0:2 beim BFC) komplett an die Wand ging. ABER! Die späteren Medaillengewinner (Magdeburg, BFC, Dresden) haben in Leipzig nicht mal ein einziges Auswärtstörchen zustandegebracht! Der FCK wurde am Ende mit einem Punkt Vorsprung auf die Abstiegsplätze Zwölfter. Die Hecken hinter uns sind in Prostheißa elendig eingegangen (Riesa 0:3, Stralsund 1:7). Wenn man das alles mal einer genauen Prüfung unterzieht, haben wir uns sensationell geschlagen, und der moralische Sieger waren wir sowieso. Hab ich da gerade "Sieger" geschrieben? Das paßt doch...

Im Jahre 1976 war englische Woche angesagt. Zwei Auswärtsspiele innerhalb von 4 Tagen. Die A4 hoch und runter fahren. Jeweils bei einer Mannschaft gastiert, die am Ende vor uns stand. Und dann nicht verloren, kein Tor gefangen... Das ist eine Meisterleistung. Was aus dem nackten Ergebnis eigentlich nur ungenügend ersichtlich wird. Kompromiß: wenigstens ein Match wird aufgewertet.

1977 ging's schon wieder zu den Erfurtern. Dieses Match müssen wir bedauerlicherweise aus der Wertung nehmen. Bereits letzte Woche hatte ich angedeutet, daß es diesen vermaledeiten Plan gab. Ich zitiere mich: "Laut Beschluß des Rates des Bezirkes sollte Einigkeit demonstriert werden, denn die macht stark. [...], daß am Ende der Saison alle drei Mannschaften des Bezirkes Karl-Marx-Stadt - also außer uns noch die Trabibastler und die mit den zwei Sternen im Namen - 22:30 Punkte aufwiesen und recht hübsch nebeneinander in der Tabelle Platz nahmen. Plan erfüllt! Das sah gut aus, und man war den vielen Armee-, Stasi- und Polizeimannschaften bei ihren Europapokalambitionen nicht im Weg." Ihr erinnert Euch sicherlich. Ich frage Euch: kann es mit rechten Dingen zugehen, wenn die tollste Mannschaft der Welt alle (in Worten: ALLE) Auswärtsspiele der Rückrunde verliert? Wo bleiben die Verschwörungstheoretiker?

1985 traten wir in Magdeburg an. Unser Ausgleich fiel erst kurz vor Schluß. Dazu gibt es eine Geschichte, die der Drehhut schon kennt: der FCM lag ewig in Front, bis der Eisenfuß kurz vor Schluß per Gewaltschuß eingelocht hat. Ich hatte mir daheim vorm Radio die Fingernägel schon bis zu den Schultern abgekaut. Als der Ausgleich fiel ("Wir schalten nach Magedburg - ich höre, da ist ein Tor gefallen."), habe ich mich vor Freude mit Anlauf aufs Sofa geworfen, und zwar so spastisch, daß ich mir an einem danebenstehenden gußeisernen Blumenständer eine erstklassige Prellung geholt habe, die schließlich sogar in eine Sportbefreiung mündete. Ich hab den Ausgleich gefeiert, als hätten wir dort dreistellig gewonnen... :-)

1988 traten wir in Brandenburg an. Stahl kam damals auf dem 4. Platz. Die Saison 87/88 war die erste Saison, in der der DDR nur 2 UEFA-Pokal-Plätze zustanden, und die Brandenburger guckten als 4. in den Mond. Aber immerhin Vierter - davon haben wir lange geträumt! Damals spielten in Brandenburg wahre Weltklassekicker. Noch heute hört man kräftiges Zungenschnalzen, wenn die Namen Voß, Jeske, Zimmer, Demuth, Ringk und Janotta erklingen. Also Kopf hoch - man kann nicht immer gewinnen... Brandenburg war erste Liga, Münster spielt 3. Liga. Das kann man gar nicht vergleichen, und was man nicht vergleichen kann, kann man auch nicht auswerten.

In Uerdingen haben schon ganz andere Mannschaften viel höher verloren. Außerdem sind die Krefelder am Ende aufgestiegen. Da Preußen Münster definitiv kein Aufsteiger sein wird, kann man auch hier schwer Parallelen ziehen. Schön.

Und was irgendwelche Ergebnisse der Saison 2000/2001 angeht, würde ich gerne vorschlagen, diese aus bekannten Gründen grundsätzlich zu streichen. Bei allem Respekt vor den Mainzern, aber damals hätte selbst die 2. Mannschaft des SC Inhausermoos (Lkr. Dachau) mit 8 Mann gegen den CFC gewonnen.

Durch ein wenig Hintergrundberichterstattung kommen wir auf eine bereinigte Bilanz von 14 Spielen mit 10 Siegen, 4 Unentschieden und keiner Niederlage. Die Wahrscheinlichkeit eines Sieges beträgt 71,43%. Bei einer solchen Quote nimmt kein Buchmacher der Welt irgendwelche Wetten entgegen. Ich mach mir keine Sorgen...

Grüße an die Füße.

Ritter Runkel.