Heimserie fortsetzen gegen Hessens Nummer vier...
von Timo Görner
...denn unsere letzte Heimpleite auf Punktspielebene liegt mittlerweile schon fast neun Monate zurück. Die Heimbilanz gegen unsere Gäste vom Samstag ist wechselhaft: 1:1, 3:2 nach 0:2, 1:2 und 2:1.
Die vergangene Saison unseres Gegners
Nichts Neues in Wiesbaden, man wollte wieder zurück in Liga 2 und landete am Ende im unaufgeregten Mittelfeld der Liga. Zum vierten Mal in Folge war der SVW weit entfernt vom Saisonziel, nachdem es phasenweise sehr gut aussah. Konkret nach Spieltag 17, als man zum fünften Mal die Tabellenführung innehatte. Stark der Start mit vier Siegen in den ersten fünf Spielen bei 13 von 15 Punkten. Alle drei Heimspiele, gegen die Stuttgarter Kickers (2:1), Dortmund II (1:0) und Stuttgart II (4:1), wurden gewonnen. Ein kurzes Zwischentief mit drei Niederlagen in Folge in Cottbus (0:3) und Münster (2:3) sowie gegen Dresden (1:3) wurde schnell weggesteckt. Bis Runde 17 wurde noch mal zu Hause gegen Aufsteiger Mainz 05 II (1:2) und in Halle (1:3) verloren, ansonsten fünf Siege eingefahren. Hier überzeugten die Auftritte in Osnabrück (3:1), Großaspach (3:0), gegen Erfurt (3:1) und auch in Bielefeld (1:1). Ab Spieltag 18 verabschiedete man sich schrittweise aus dem Aufstiegsrennen. Es begann mit einer überraschenden Heimpleite gegen Aufsteiger Fortuna Köln (0:1). Die beiden Spitzenspiele in Duisburg (2:3) und bei den Stuttgarter Kickers (1:2) gingen ebenso verloren. Hoffnung gab das Herbstrundenfinale gegen Unterhaching (4:0). Zumindest der Relegationsplatz drei war mit zwei Punkten als nur noch Achter der Tabelle in Sichtweite. Und auch Rang eins mit deren sieben war noch machbar mit einer starken Frühjahrsrunde 2015.
Die gelang aber so nicht. Der SV Wehen Wiesbaden mutierte zum Mittelmaß, startete schon mal schlecht mit drei sieglosen Spielen in Folge und gab beide Heimspiele gegen Rostock und Cottbus (jeweils 1:2) ab. Mit 35 Punkten aus den 25 Spielen war kein Staat Richtung Aufstiegskampf mehr zu machen. Man hangelte sich Richtung Saisonende mit positiven und negativen Ausreißern. Positiv die Siege in Dresden (1:0), Erfurt (2:0), gegen Halle (3:0) und gegen Duisburg zum Abschluss (1:0). Unter dem Strich die Pleiten in Regensburg (0:3), bei Fortuna Köln (1:2) und gegen Großaspach (0:1) im eigenen Stadion. Die Schlappe gegen den Aufsteiger am 11. April 2015 war auch das Ende für den Trainer mit Marc Kienle. Von den letzten vier Auswärtsspielen wurden drei verloren, unter anderem beim 1:2 an der Gellertstraße. Die Hessen blieben eine "Wundertüte", von der notwendigen Konstanz über ein paar Wochen in der Frühjahrsrunde keine Spur. Als Zehnter am Ende war Relegationsplatz drei schlappe 14 Punkte entfernt, der Saldo mit 15 Siegen und 15 Niederlagen eben nur noch Mittelmaß.
Zu Hause waren acht Mannschaften besser, wurden sieben Niederlagen kassiert und war der CFC um acht Zähler besser. Dafür holte Wiesbaden auswärts deren zwei mehr und war hier achtbeste Mannschaft bei fünf Siegen und acht Niederlagen. Alles in allem besserer Durchschnitt der Liga. Stark hingegen die Offensive mit 54 erzielten Treffern – nur drei waren hier besser. Auch die Defensive konnte mit 44 Gegentoren durchaus überzeugen, besser hier nur die beiden direkten Aufsteiger, Kiel und der CFC.
Im DFB-Pokal scheiterte man nur knapp in Runde eins im Elfmeterschießen (3:5) an Zweitligist Kaiserslautern. Im Landespokal war im Halbfinale Endstation bei Regionalligist Hessen Kassel mit 0:1 nach Verlängerung, nach einer enttäuschenden Vorstellung.
Delegierungen für diese Saison bislang
Zehn Spieler haben den Verein verlassen, neun kamen dafür hinzu.
Aus der Abwehr zog es Jonas Acquistapace (26) nach nur einem halben Jahr in Wiesbaden und einem Spiel 2015/2016 für die Hessen zum Halleschen FC, er war in der Frühjahrsrunde 2015 eine feste Größe. Michael Wiemann (28) spielt mittlerweile in der zweitklassigen Segunda Division in Spanien bei Atletico Baleares. Erwähnenswert natürlich noch, dass Alexander Nandzik (22) nicht mehr dabei ist, neuer Verein ist bekannt. Er kam bis Ende der Frühjahrsrunde sporadisch zum Einsatz, war in den letzten vier Begegnungen, unter anderem auch beim 1:2 in Chemnitz, gesetzt. Im Mittelfeld kehrte Tobias Jänicke (26) nach Rostock zurück, bei neun Toren und fünf Vorlagen 2014/2015 durchaus ein veritabler Verlust. Robert Müller (28) schloss sich Ligakonkurrent und Zweitligaabsteiger VfR Aalen an. Aus dem Angriff ging mit dem Angolaner José Pierre Vunguidica (26) der Kapitän von Bord und schaffte den Aufstieg mit dem Wechsel zum SV Sandhausen. Für die Offensivabteilung sind die Abgänge von Tobias Jänicke und José Pierre Vunguidica ärgerlich. Beide zeichneten für insgesamt 20 Tore und 16 Vorlagen verantwortlich.
Für das Tor holte man Maximilian Reule (21) aus unseren Reihen. Neu in der Abwehr sind Michael Vitzthum (23/Heidenheim), Fabian Franke (26/RB Leipzig) und Niklas Dams (25/FC Servette Genf). Vitzhum war in Heidenheim ohne echte Chance, Franke kam in Leipzig nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga nicht mehr zum Einsatz. Dams war beim Schweizer Zweitligisten hingegen Stammspieler. Für das Mittelfeld kamen Marc Lorenz (26) aus Bielefeld und der Deutsch-Pole Jaroslaw Lindner (27) aus Kiel. Sven Mende (21) spielte zuvor in der Regionalliga Nord beim Hamburger SV II, dazu kehrte der Italiener Kevin Pezzoni (26) nach Deutschland zurück. Letzter Arbeitgeber der FC Wohlen, ebenfalls 2. Liga der Eidgenossen. Stationen zuvor wie man weiß der 1. FC Köln, Aue und Saarbrücken. Jeweils in den drei höchsten Spielklassen. Lindner blieb der große Durchbruch beim KSV Holstein verwehrt, Lorenz kam bei Arminia in Liga 3 nur zu Kurzeinsätzen. Mende ist ehemaliger U17 und U18-Nationalspieler mit insgesamt 19 Einsätzen, war beim HSV II eine feste Größe und versucht nun den Sprung in die 3. Liga. Für den Angriff heuerte Patrick Mayer (27) an, im "Doppelpack" mit Vitzthum. Er blieb beim Zweitligisten in der Ostalb weitestgehend Ergänzungsspieler, stand nur viermal in der Anfangsformation und hatte auch mit Verletzung zu kämpfen. Bilanz 2014/2015: Drei Tore und eine Vorlage. Er soll den abgewanderten Vunguidica ersetzen.
Der Trainer
Seit Saisonbeginn hat Sven Demandt (50) das Sagen als Chef-Trainer, bekannt eher als Spieler. 139 Bundesligaspiele primär für Fortuna Düsseldorf und zudem Bayer 04 Leverkusen stehen zu Buche, 27 Treffer wurden verbucht. Dazu kommen 317 Zweitligaspiele für Hertha BSC und den FSV Mainz 05 mit beeindruckenden 121 Toren. Bei den Rheinhessen beendete er dann auch im Sommer 2001 seine Karriere als Kicker. 2003 der Start als Trainer des damaligen Oberligisten 1. FC Union Solingen. 2010 ging es zur U23 von Borussia Mönchengladbach. Mit ihr erreichte er vergangene Saison nach dem Staffelsieg in der starken Regionalliga West die Relegation gegen den SV Werder Bremen II, wo man erst in der Verlängerung knapp mit 0:2 scheiterte.
Die Mannschaft
Aktuelle Nummer eins im Tor ist Markus Kolke (25), seit knapp vier Jahren in Wiesbaden. Er absolvierte vergangene Saison bis auf eine Begegnung ("Rot-Sperre") alle Punktspiele für die Hessen. Unser Ex-Keeper Maximilian Reule (21) konnte nicht vom Wechsel profitieren, kam bislang noch nicht zum Einsatz und wird das Spiel am Samstag zumindest beim Anpfiff nur von der Bank aus verfolgen. Die Abwehr sieht Thomas Geyer (24) und Daniel Wein (21) als das Gerüst. Dazu kommt mit Alf Mintzel (33) ein bekannt torgefährlicher Verteidiger, bereits seit 2010 beim SVWW, und mit Michael Vitzthum (21) ein ehemaliger U21-Nationalspieler sowie Niklas Dams (25). Dams und Geyer sind nominelle Innenverteidiger, der "Rest" geht über die Außen ins Spiel. Beim letzten Spiel gegen Bremen II wurde die Viererkette wie folgt gebildet: Weins – Dams – Geyer – Mintzel. Einziger Torschütze hier bislang Dams mit einem Treffer. Im Mittelfeld haben sich bislang Sven Mende (21), Marc Lorenz (27), David Blacha (24/1), Kevin Schindler (27/2) und Patrick Funk (25) etabliert. Schindler noch bekannt aus seinen Zeiten beim FC St. Pauli und SV Werder Bremen mit 87 Zweitligaspielen für die Hamburger und vier in Liga 1 für die Bremer. Er wurde gegen Bremen II mit den Toren zum 1:1 und 2:1 quasi zum "Matchwinner". Neuzugang und Kapitän Kevin Pezzoni (27) kam verletzungsbedingt erst zu zwei Einsätzen, sollte aber am Samstag von Anfang an spielen. Jaroslaw Lindner (28) ist wie in Kiel auch hier kein Stammspieler. Im Angriff wartet man noch auf das erste Stürmertor. Aktuelle Nummer eins ist hier Patrick Mayer (27), knapp vor Luca Schnellbacher (21). Soufian Benyamina (25) hingegen kam erst zu zwei Kurzeinsätzen, vergangene Saison mit immerhin sieben Toren der drittbeste Torschütze der Hessen hinter den beiden Abgängen Jänicke und Vunguidica.
Mit 24,3 Jahren im Schnitt hat man diese Saison einen relativ jungen Kader am Start mit Akteuren siehe Wein, Vitzthum, Schnellbacher und Mende – alle erst 21, die sich bereits mehrmals für den Stammkader empfehlen konnten. Dazu passt der neue Trainer mit Sven Demandt, zuletzt bei einer U23 als Coach aktiv.
Die aktuelle Saison
…verlief durchwachsen. Die ersten drei Begegnungen wurden jeweils unentschieden gestaltet, gegen Konkurrenten, die man nicht unbedingt oben mit erwartet. In den Heimspielen kam man über ein 0:0 gegen Aufsteiger Kickers Würzburg nicht hinaus zuzüglich des 1:1 gegen Mainz 05 II. Gegen die Rheinhessen konnte man den guten Start mit dem 1:0 nach bereits acht Minuten nicht vergolden. Beim 0:0 in Erfurt teilte man sich die Punkte leistungsgerecht in einem durchschnittlichen Spiel bei eher verunsicherten Thüringern. Beim 0:3 in Halle konnte man in Halbzeit eins zum 0:1 noch gegenhalten, war dem Ausgleich durchaus nahe. Eine eher trostlose zweite Halbzeit brachte am Ende das deutliche 0:3 ein. Gegen den zweiten Neuling Bremen geriet man erneut in Rückstand, antwortet innerhalb von sieben Minuten mit dem 1:1 und drehte die Begegnung am Ende nicht unverdient zum 3:1 und ersten Saisonsieg im fünften Spiel. Im Landespokal greift man wie der CFC erst im Achtelfinale ein, tritt am 09.09.2015 bei der Spvgg 05 Oberrad aus der fünftklassigen Oberliga Hessen an, wo übrigens der alteingesessene Lokalrivale SV Wiesbaden 1899 spielt. Härteste Konkurrenten im Kampf um den Pokal sind auch in diesem Jahr die beiden Regionalligisten KSV Hessen Kassel und Kickers Offenbach.
Krankenlager / Strafbank
In der Abwehr fällt noch auf unbestimmte Zeit Neuzugang Fabian Franke (26) mit Achillessehnenanriss aus.
Prognose
Den SV Wehen Wiesbaden hat man eigentlich in jeder Saison auf dem Zettel der Mitfavoriten. Nur fehlte in den vergangenen Spielzeiten die Konstanz, man nahm sich immer eine mehrwöchige Ergebniskrise. Die beiden Abgänge in der Offensive (siehe oben) wiegen schwer und konnten zumindest bislang nicht ganz kompensiert werden. Die aktuelle Personalpolitik spricht auch irgendwie nicht so ganz für das unbedingte Ziel aufzusteigen. Die Verpflichtung von Demandt als erfolgreicher Nachwuchstrainer in Gladbach deutet auf einen neuen Weg hin. Am Ende sollte es zumindest für einen einstelligen Platz reichen, Rang 8 bis 10.
Das Umfeld
3. Liga in Wiesbaden mit einem vor Jahren dorthin verpflanzten Verein aus Wehen zieht nicht, so die eigene Erkenntnis. 2009/2010 lag man im Schnitt nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga bei 3.691, ein deutlicher Rückgang gegenüber den 7.791 aus der 2. Bundesliga. Vergangene Spielzeit registrierte man 3.513 zahlende Besucher im Mittel in den 19 Heimspielen, verbessert allerdings durch Vereine mit zahlreichem Gästeanhang wie zum Saisonfinale gegen Duisburg mit 9.000 oder Dresden mit deren 5.300. In einigen Spielen lag man jeweils unter der 3.000 Grenze. Den CFC wollten 3.200 sehen und am Ende wurde der Verlierer mehr gefeiert als der Sieger von den heimischen Fans. In den bisherigen drei Heimspielen gegen Würzburg, Mainz 05 II und Bremen II verzeichnet man einen mageren Schnitt von 2.080. Weniger haben aktuell nur Fortuna Köln und der VfB Stuttgart II. Gegen Werder II kamen zuletzt 1.850.
Ziel der Hessen bleibt die Rückkehr in die 2. Bundesliga nach dem Abstieg 2009. Mittlerweile kann man den SV Wehen Wiesbaden fast schon als "Inventar der 3. Liga" bezeichnen nach nunmehr sechs ununterbrochenen Jahren. Zuwenig für die Ambitionen des Vereins, der harte Konkurrenz in der Umgebung hat. Der FSV Mainz 05 als durchaus solider und erfolgreicher Verein in der 1. Bundesliga sitzt "quasi um die Ecke", Eintracht Frankfurt ebenfalls. Dazu kommt der FSV Frankfurt in Liga 2, wenn gleich nicht mal ansatzweise ein Mitbewerber wie die beiden anderen genannten Vereine. Vereinschef Markus Hankammer formulierte das Ziel gegen Ende der vergangenen Saison auch eindeutig: Aufstieg 2016. Er monierte gleichzeitig die zu große Abhängigkeit vom Hauptsponsor.
Wie beim CFC, Eintracht und FSV Frankfurt hat auch der SVWW seine II. Mannschaft – hier U21 – zurückgezogen. Man war mit der Entwicklung von Spielern aus diesem Team nicht zufrieden, will die frei gewordenen Gelder anders in den Nachwuchs investieren.
