CFC-Comeback in Reutlingen nach über 13 Jahren...
von Timo Görner
...denn am 25.04.2001 gastierte der CFC – damals noch als Zweitligist – an der "Kreuzeiche" in Reutlingen. Vor 4.800 Zuschauern gab es mit dem 0:2 eine von insgesamt 24 Niederlagen in einer vor allem in der Rückrunde trostlosen Saison. Für den gastgebenden SSV ging es weiter in Liga 2. Mittlerweile kickt man nur noch in der Oberliga, nach sportlichen und auch wirtschaftlichen Turbulenzen. Durch den Umbau des Kickers-Stadions darf Reutlingen zumindest mal wieder Drittligafußball sehen.
Die letzte Saison unseres Gegners
Mit Platz 8 waren die Stuttgarter Kickers am Ende sicherlich absolut zufrieden. In der Vorsaison hatten sich die Schwaben schließlich erst am letzten Spieltag durch ein 1:1 im "Abstiegs-Endspiel" in Darmstadt retten können und galten auch für 2013/2014 als einer der Abstiegskandidaten angesichts der finanziell limitierten Ressourcen. Bis Spieltag 21 steckte man tief im Abstiegskampf und auch in der Abstiegszone. Nach 8 Spieltagen waren ohne Sieg erst 3 Zähler eingefahren – das war der Grund für die Beurlaubung von Massimo Morales, der die Kickers in der Vorsaison mit einem Endspurt noch zum Klassenverbleib geführt hatte. Für 3 Spiele übernahm Jürgen Hartmann das Amt und zeitigte immerhin Heimsiege gegen Regensburg (3:0) und Rostock (2:0). Nur beim CFC (0:1) wurde verloren. Trotzdem war der Anschluss ans rettende Ufer geschafft. Ab 30.09.2014 sollte dann Ex-Bundesligakicker Horst Steffen die "Blauen" nach oben führen, was auch gelingen sollte. Bis zur Winterpause gelang der Sprung auf Platz 15 - der Lohn für eine positive Bilanz von 5 Siegen, einem Remis und nur 4 Niederlagen. Stuttgart legte im eigenen Stadion zu und holte unter Steffen 4 Dreier am Stück in Degerloch, zum Leidwesen von Rostock (2:0), Halle (1:0), Burghausen (3:1) und Wehen Wiesbaden (2:0). Das kompensierte die erfolglosen Auswärtsspiele, wo erst zum Herbstrundenfinale in Erfurt (2:1) der erste Dreier nach 10 vergeblichen Anläufen gelingen sollte.
In der Frühjahrsrunde arbeitete man sich dann schrittweise ins gesicherte Mittelfeld vor, punktete vor allem zu Hause weiter fleißig. Einzig der CFC und RB Leipzig (1:3) am letzten Spieltag blieb es vorbehalten, bei den Kickers zu gewinnen. 4 Spieltage vor dem Ende war der Klassenerhalt auch rechnerisch nicht mehr zu nehmen. Längst aber hatte man sich mit Platz 4 und der Qualifikation für den DFB-Pokal über die Liga andere Ziele gestellt. Über die Liga klappte die Qualifikation nicht, dafür über den Landespokal mit der Endspiel-Teilnahme gegen den 1. FC Heidenheim (2:4).
Trumpf in dieser letztendlich sehr erfolgreichen Saison war die Heimstärke als fünftbeste Platz bauende Gemeinschaft mit 34 Punkten aus den 19 Heimspielen. Auswärts war man deutlich schlechter (16.) und blieb nur in 3 Begegnungen siegreich. 45:46 Tore sprachen für eine durchschnittliche Offensive und ganz solide Defensive.
Delegierungen für diese Saison bislang
9 Spieler aus 2013/2014 sind nicht mehr dabei. 7 neu kamen oder kehrten in einem Fall von einer Ausleihe zurück.
Torwart Markus Krauss (26), in 21 Punktspielen eingesetzt, ging unbekannten Ziels. Aus der Abwehr wechselte Julian Leist (26) zum Aufsteiger nach Großaspach. Das die einzigen beiden Abgänge, die über die Hälfte der 38 Spiele zum Stamm gehörten. Für den Rest traf dies nicht zu.
Für das Tor verpflichtete man mit Korbinian Müller (23) den Vorgänger von Stefan Riederer in Unterhaching. In der Abwehr zog man Hendrik Starostzik (23) vom VfL Bochum II aus der Regionalliga West an Land. Im Mittelfeld sicherte man sich die Dienste von Besar Halimi (19/VfB Stuttgart II) und Umberto Tedesco (22/SC Freiburg II). Aus der eigenen U23, ansässig in der Oberliga Baden-Württemberg, baute man Marco Gaiser (21) und Daniel Kaiser (23) ein. Dazu kehrte Patrick Milchraum (30) aus der halbjährigen Ausleihe beim FC Carl Zeiss Jena nach Degerloch zurück. Parallelen zum CFC sind erkennbar, auch hier sind die finanziellen Mittel der Grund.
Der Trainer
Horst Steffen (45) ist seit mittlerweile rund 11 Monaten in Amt und Würden als Chef der 1. Mannschaft. Seine Bilanz als Coach der Kickers ist mit 14 Siegen, 12 Remis und 8 Niederlagen in den 33 Begegnungen durchaus beachtlich. Der ehemalige Bundesligakicker mit 207 Spielen in Liga 1 für Duisburg, Mönchengladbach und Uerdingen hat noch einen Vertrag bis Ende der Saison 2015/2016.
Die Mannschaft
Im Tor konnte sich bislang Neuzugang Korbinian Müller (23) durchsetzen. Die Abwehr sieht aktuell den Ex-Rostocker Marc Stein (29), den Deutsch-US-Amerikaner Royal-Dominique Fennell (25), Fabio Leutenecker (24) und Fabian Baumgärtel (25) vorn. Im Mittelfeld bilden Sandrino Braun (26), Besar Halimi (19), Kapitän Vincenzo Marchese (31) und Gerrit Müller (30) – dem einen oder anderen vielleicht noch aus seiner Zeit bei Dynamo Dresden von 2010 bis 2012 bekannt – das Gerüst. Der ehemalige U20-Nationalspieler erzielte auch immerhin bereits 2 Treffer. Auf dem Sprung in den Stammkader steht der Kanada-Ghanae Randy Edwini-Bonsu (24), ebenso wie Nachwuchsmann Marco Gaiser (21). Besar Halimi konnte sich bereits empfehlen. Mit dem Italiener Marco Calamita (31) spielt ein "guter Griff" aus der Vorsaison als Neuzugang im November 2013 (4 Tore) bislang keine wichtige Rolle. Feste Größen im Angriff sind der Franzose Lhadji Badiane (27) und der Deutsch-Italiener Elia Soriano (25), beide je einmal erfolgreich. Die momentan 9 Treffer verteilen sich derzeit auf 8 Torschützen, beim CFC sind es 7 auf 4.
Horst Steffen muss momentan auf 2 Akteure verletzungsbedingt bzw. wegen Krankheit verzichten: Der Slowene Marcel Ivanusa (29/Mittelfeld) fällt noch bis mindestens Ende November 2014 aus (Kreuzbandriss), Stürmer Daniel Engelbrecht (23) bereits seit Mitte August 2013. Mit 27 Spielern hat man einen relativ großen Kader. 24,8 Jahre im Schnitt liegen deutlich über dem Wert des CFC mit 23,6. Auch hier konnten sich junge Spieler etablieren, siehe Halimi oder Gaiser. Die Suttgarter Kickers sind ein Team weitestgehend ohne die bekannteren Namen - jedenfalls für uns - was sich sehr gut schlägt und manch besser besetztes Kollektiv derzeit hinter sich lässt.
Die aktuelle Saison bislang
…begann mit einer Niederlage beim Staffelfavorit in Wiesbaden (1:2). Es blieb die bislang einzige auf Punktspielebene. Bereits im ersten Heimspiel gelang der erste Sieg, Regensburg (3:1) wurde geschlagen. In den weiteren Gastspielen blieb man ungeschlagen, konnte in Großaspach (1:1) einen Zähler entführen und am vergangenen Wochenende in Halle (2:1) den ersten Auswärtsdreier einfahren. 2 Heimspiele hat man bislang bestritten, beide gewonnen. Neben Regensburg reiste Mainz 05 II (2:0) ohne Zählbares aus Reutlingen wieder ab. Die saisonübergreifende Heimbilanz ist recht beeindruckend, aus den letzten 17 Begegnungen als Platz bauende Gemeinschaft wurden 14 Siege gezeitigt. Nur der CFC (0:3) und RB Leipzig (1:3) konnten in der abgelaufenen Saison bei den Kickers obsiegen, dazu Heidenheim ein 3:3 erkämpfen -wohlgemerkt nach einem 0:3-Rückstand. Der Umzug nach Reutlingen hat zumindest bis jetzt keine negativen Auswirkungen. Mit 10 Punkten ist man dran an der Tabellenspitze, nur 1 Zähler hinter uns.
Im DFB-Pokal verkaufte man sich in Runde 1 gegen Topfavorit Borussia Dortmund trotz der 1:4-Pleite im Stadion des Lokalrivalen VfB Stuttgart ganz ordentlich. Im Landespokal steigt man am 03.09.2014 in Runde 1 bei Verbandsligist SV Böblingen ein.
Prognose
Die Kickers bleiben ein ernstzunehmendes Mitglied dieser Liga, für den Angriff auf ganz oben dürfte es aber nicht reichen. Im Angriff scheint man zu schmal besetzt. Bleibt man von längerfristigen Ausfällend verschont, sollte ein einstelliger Tabellenplatz durchaus machbar sein.
Das Umfeld
Für die Kickers ist diese Saison wie bei uns eine "der Baustelle". Für voraussichtlich 13 Heimspiele ziehen die Kickers in die ca. 40 km entfernte Arena des Zweitligisten von 2002 um. Grund sind umfangreiche Umbaumaßnahmen im "GAZI-Stadion auf der Waldau". Die Anlage des SSV Reutlingen selber ist momentan für rund 10.000 Zuschauer zugelassen, für die Kickers mit einem Schnitt in der Vorsaison von rund 4.000 ausreichend. Man hofft auf Seiten der Stuttgarter, dass sich der Zuspruch in Reutlingen nicht verringert und dass die lokalen Fußballfans die Gelegenheit nutzen, um mal wieder höherklassigen Fußball zu sehen. Regensburg und Mainz 05 II waren in den ersten 2 Heimspielen nicht gerade der "Kassenschlager" und lockten jeweils 2.800 und 2.300 zahlende Besucher an. Gegen den CFC sollte man am Mittwoch mit nicht wesentlich mehr rechnen.
Für den finanziell kämpfenden kleinen Club aus der Landeshauptstadt zählt jeder Zuschauer. Geld in die Kassen spülte der DFB-Pokal ein, Borussia Dortmund sahen 37.000 Zuschauer im VfB-Stadion. Das war wichtig für den Verein, der mit einem Etat von 2,2 Millionen EUR plant der um rund 300.000 EUR zur Vorsaison gekürzt wurde. Die machte Neuzugänge schwierig - so gesehen ist aktuell Rang 4 mit diesen Möglichkeiten mehr als respektabel.
